Risikofaktoren der Erwerbsminderungsberentung aufgrund psychischer Erkrankungen – Eine systematische Übersichtsarbeit

Hintergrund: Psychische Erkrankungen sind mittlerweile der häufigste Grund für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente. Ziel der Arbeit war es, die nationalen Befunde zum Risiko der Erwerbsminderungsberentung aufgrund psychischer Erkrankungen (EMBP) zusammenzutragen und den Stand dieses Forschungsfeldes abzubilden. Die Kenntnis dieser Befunde ist grundlegend, um dieser Entwicklung präventiv entgegensteuern zu können.

Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche im Zeitraum von 2001 bis 2014 durchgeführt. Berücksichtigt wurden Befunde zu Versicherten der Deutschen Rentenversicherung, welche nach 2001 aufgrund einer psychischen Erkrankung EM-berentet wurden. Die Publikationen mussten mindestens 2 relevante Befunde beinhalten, um berücksichtigt zu werden. Bis auf den Ausschluss von anonymisierten Befragungen wurde das Studiendesign bei der Auswahl nicht weiter eingegrenzt.

Ergebnisse: Es konnten 20 wissenschaftliche Publikationen ermittelt werden, welche die Auswahlkriterien erfüllten. Im Ergebnis sind alle ermittelten Studien sekundärdatenanalytische Untersuchungen basierend auf Daten der Deutschen Rentenversicherung. Mittels geschlechtsdifferenzierter Zusammenhangsanalysen konnte das Berentungsrisiko auf das Qualifikationsniveau und den Wohnort der Versicherten zurückgeführt werden. Der Großteil der Befunde ist hingegen deskriptiver bzw. explorativer Art. Neben einer Vielzahl von Einzelbefunden und Hinweisen auf Interaktionen der Faktoren, konnte über verschiedene Jahrgänge festgestellt werden, dass (i) Frauen häufiger als Männer aufgrund psychischer Erkrankungen berentet werden, (ii) affektive Störungen der häufigste Berentungsgrund sind, (iii) psychisch Erwerbsgeminderte im Vergleich zu somatisch Erwerbsgeminderten jünger sind und, dass (iv) Versicherte mit Schizophrenie besonders zeitig berentet werden. Die Reha-Inanspruchnahme vor Berentung liegt bei ca. 50%.

Schlussfolgerung: Die Arbeit zeigt auf, dass bislang wenige statistisch abgesicherte Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Risikofaktoren und der EMBP in Deutschland vorliegen. Auffällig ist, dass, obwohl psychosomatische Rehabilitationsmaßnahmen als effektiv gelten, nicht mehr als die Hälfte aller psychisch EM-Berenteten im Vorfeld der Berentung diese in Anspruch nehmen. Der Fokus zukünftiger Arbeiten sollte auf der systematischen Identifikation von Risikofaktoren der EMBP und von Reha-Zugangsbarrieren für Versicherte mit Rehabilitationsbedarf liegen, um Ansatzpunkte für präventive und individuelle Maßnahmen entwickeln zu können.

Quelle: Thieme E-Journals – Das Gesundheitswesen / Abstract

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