Psychodynamische Therapie bei Patienten und Patientinnen mit koronarer Herzerkrankung

Jochen Jordan, Benjamin Bardé
Im Mittelpunkt der Erfahrungen in psychodynamischen Therapien mit psychokardiologischen PatientInnen steht das kritische Ereignis der Herzerkrankung, das eine biografische Bruchstelle dadurch markiert, dass mit ihm die Thematisierung des Todes, der Unwiederholbarkeit und die Unumkehrbarkeit der eigenen Zeit und des eigenen Lebens in das Erleben eingeführt wird. Dies erfordert von PsychotherapeutInnen auf der Grundlage eines soliden kardiologischen Basiswissens eine sorgfältige Verarbeitung des Krankheitsereignisses durch eine weiträumige biografische Kontextualisierung des Ereignisses im Hinblick auf belastende kritische Lebensereignisse, kritische Lebensstile, Gratifikationskrisen, vitale Erschöpfungsbereitschaften und chronische Partnerschaftskonflikte. Unabhängig von der erfolgreichen technisch-interventionellen Kardiologie geht es um die nachträgliche, aber auch um die prospektive Konstruktion von Sinn, der einen mit der Erkrankung kompatiblen neuen Lebensstil fördern kann. Behandlungsmethodisch wird auf eine bei dieser Zielsetzung häufig zu beobachtende „Wahrnehmungslücke” aufmerksam gemacht, mit der in der Regel kardiovaskulär riskantes und maladaptives Verhalten verbunden ist. Sie ist dadurch charakterisiert, dass latente Präkonzepte die Wahrnehmungen realer Ereignisabfolgen in Handlungssituationen ersetzen und diese schlimmer erscheinen lassen, als sie tatsächlich sind.

Quelle: Thieme eJournals – Abstract

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